Autor Thema:  Pinselpflege  (Gelesen 6932 mal)

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Offline Sheriff

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Pinselpflege
« am: 03. November 2016, 11:04:53 »
Hallo Leute,

angeregt durch einen anderen Modellbauer habe ich heute morgen einen kleinen Leitfaden zur Pinselpflege verfasst.
Der ist hier sicher auch ganz gut aufgehoben.

(frei nach Gunnery Sergeant Hartman)
"Dies hier ist mein Pinsel.
Es gibt viele Pinsel aber dieser ist meiner.
Mein Pinsel ist mein bester Freund. Er ist mein Leben.
Ich muss ihn meistern wie ich mein Leben meistern muss.
Ohne mich ist mein Pinsel nutzlos. Ohne meinen Pinsel bin auch ich nutzlos.
Mein Pinsel verfehlt sein Ziel nie."
und so weiter ;)



Was ich damit sagen will:
Ich kann mir teure und gute Pinsel kaufen. Wenn ich nicht weiß wie ich sie behandle erreiche ich damit auch keine besseren Ergebnisse. Andersrum kann ich aber mit Übung und Routine sogar mit einem weniger guten Pinsel passable Ergebniss erzielen.

Zu der Frage warum ich trotzdem ausschließlich Pinsel von Winsor&Newton empfehle...


Das ist der Grund.
Der untere Pinsel ist aus der W&N Miniature Serie (Größe 1).
Der obere ist ein Pinsel Größe 2 aus der Standardserie "W&N Series 7".
Beide Pinsel sind jetzt über ein Jahr alt.

Seht euch die Spitze an. Der große ist genauso spitz wie der kleinere aus der Miniature Serie.
Er hat aber ein viel größeres Farbreservoir, mit dem wir richtig viel Farbe aufnehmen können. Damit können wir pro Ladung länger malen und die Farbe trocknet uns weniger schnell im Pinsel ein.
Der 2er ist mein Allrounder. Von flächigem Farbauftrag über feine Linien bis hin zu Punkten lässt sich damit alles machen.


Damit wir uns die Haare nicht mit Farbe verkleben ist es ganz wichtig, dass wir den Pinsel nicht komplett in die Farbe tauchen. Nur etwa bis zur angedeuteten Stelle. Dort wo das Reservoir beginnt.
Da wir Acrylfarben immer etwas verdünnen sollten und durch die Kapillarwirkung saugt sich der Pinsel von ganz alleine voll.
So gelangt weniger Farbe an und in die Zwinge. Dort lässt sie sich nur sehr mühsam (wenn überhaupt) entfernen, trocknet ein und spaltet die Haare. Für immer.  ;)


Der Pinsel wird nach jedem Malvorgang, das heißt jedes Mal bevor wir neue Farbe aufnehmen, ausgewaschen.
Dazu nehmen wir zwei Wasserbecher. Einen zum auswaschen und einen zum klarspülen. Der zweite Becher ist genauso wichtig wie der erste. Alles was da drin landet ist das was sonst nach dem Auswaschen immer noch im Pinsel bliebe. Das braucht keiner.
Nach jedem Farbauftrag deshalb, damit die Farbe gar nicht erst die Chance hat im Pinsel einzutrocknen.
Gerade Acrylfarbe verbindet sich besonders gut mit den Haaren und lässt sich später bestenfalls nur noch mit Lösemitteln wieder entfernen.

Nach dem Auswaschen wird der Pinsel drehend über ein ein Tuch gezogen. Damit saugen wir überschüssige Farbe aus dem Pinsel und bringen die Spitze gleichzeitig wieder in Form.


Billige Pinsel und solche die ihre besten Tage schon hinter sich haben sind nicht unbrauchbar.
Neben Trockenbürsten und Chipping sind das die richtigen Werkzeuge um Farbe aus Farbtöpfen auf die Malpalette zu übertragen und um Farben zu mischen.
Das machen wir nämlich nicht(!) mit unserem guten Malpinsel.


Chemische Reiniger.
Da gibt es viele. Alle lösen irgendwie Farbe an und auf, die Ideallösung sieht folgendermaßen aus:

Acryl - Wasser
Kunstharzlacke und Öl - Terpentin
Nitrolacke - Nitroverdünnung

Man kann immer aggressivere Mittel verwenden als nötig, ob das aber der jeweilige Pinsel so mitmacht ist fraglich.
Wie beschrieben: wenn wir die feuchte Acrylfarbe direkt auswaschen trocknet die gar nicht erst ein und wir brauchen kein anderes Mittel als reines Wasser.

Zu den Reinigungsmitteln gibt es noch eine Reihe von Pflegemitteln für den Pinsel, wie zB rückfettende Pinselseife. Das schadet alles sicher nicht, wirklich notwendig ist die aber nach der Verwendung von Terpentin, das gezielt Fett (Ölfarbe) aus dem Pinsel entfernt.

Gruß, René 

Offline hannesstrohkopp

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Re:Pinselpflege
« Antwort #1 am: 03. November 2016, 16:10:20 »
Eine ganz tolle Beschreibung, die mir tatsächlich extrem weiterhilft! Vielen lieben Dank dafür!  8)

Offline Sheriff

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Re:Pinselpflege
« Antwort #2 am: 03. November 2016, 16:15:34 »
@TWN
Jedesmal wenn du neue Farbe aufnimmst.

-Pinsel mit Farbe laden
-Malen bis der Pinsel die Farbe nicht mehr sauber abgibt
-Auswaschen
-Spülen
-Abstreifen
-Neu laden

So beschrieben klingt das aufwändiger als es ist. Das ist ne Sache von Sekunden, hat aber eine immense Wirkung.
Gruß, René 

Offline Sheriff

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Re:Pinselpflege
« Antwort #3 am: 03. November 2016, 16:25:51 »
Sehr gerne  :)

So penibel macht das wahrscheinlich nicht jeder, aber wenn man weiß welche Auswirkung eine richtige Behandlung hat geht man mit dem Pinsel viel sorgsamer um.

So ein Pinsel kommt ja auch immer ohne Gebrauchsanweisung  :evil6:
Gruß, René 

Offline hannesstrohkopp

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Re:Pinselpflege
« Antwort #4 am: 03. November 2016, 16:27:59 »
So ein Pinsel kommt ja auch immer ohne Gebrauchsanweisung  :evil6:


Exakt das ist das Problem! Jeder lernt im Kindergarten, wie man mit einem Pinsel Farbe auf etwas aufträgt. Wie man aber tatsächlich damit umgeht, das lernt man schlicht und einfach nicht! Daher ist dein kleiner Guide hier so extrem wertvoll. ;)

Offline Wabie

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Re:Pinselpflege
« Antwort #5 am: 03. November 2016, 16:51:51 »
Hallo René und alle anderen zusammen,

Vielen Dank für diese wertvollen Tipps. :thumbup: dieser Guide ist echt super.  :)
MfG Stefan     

Offline HeiHee

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Re:Pinselpflege
« Antwort #6 am: 03. November 2016, 18:19:50 »
Ah, die stehen bei W&N unter Wasserfarben.
Ich benutze seit längerem Taklon von Lukas, die entsprechen der Regency Gold Serie von W&N (findest du aber nur auf deren Nordamerikaseite)...

Nach dem Auswaschen mit Lösungsmittel nehme ich ganz gern einfache Kernseife...

Noch eine Anmerkung: Nicht alle Acryl sind in Wasser gelöst - Tamiya ist auf Alkoholbasis! Nur mit Wasser auswaschen funktioniert nicht richtig, da bleiben Farbreste. Haushalts- oder Brennspiritus hilft hier weiter, nachspülen mit Wasser.
Stehe ich auch mit beiden Füßen auf der Erde, so bin ich mit meinem Kopf doch zwischen den Sternen...

Offline Sheriff

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Re:Pinselpflege
« Antwort #7 am: 03. November 2016, 18:45:13 »
Hängend ist gut, stehend kopfüber in der beiliegenden Kunststoffhülse geht aber auch. Wenn man keine Hängevorrichtung hat.

Genaugenommen sind das Aquarellpinsel. Die sind für alle Farben die sich mit Wasser verdünnen lassen. Die Tamiya scheiden damit tatsächlich aus. Wusste ich allerdings auch noch nicht, dass die alkoholbasiert sind.


Was aber geht sind die Acrylfarben von:

AK interactive
mig
Vallejo
Citadel
Scalecolor75
Revell Aqua
Marabu
LUKAS
Schmincke
Gruß, René 

Offline PLASTINATOR

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Re:Pinselpflege
« Antwort #8 am: 03. November 2016, 19:46:21 »
Das hätte Sergeant Gunnery Hartman nicht besser brüllen können. ;)
Der Guide ist echt Klasse :thumbup: und ich muss gestehen das ich zum Beispiel nur beim Farbwechsel den Pinsel auswasche.

Bringt das hängende trocknen wirklich soviel? Das ist etwas was ich noch nie gemacht habe, da ich den Pinsel nach der Benutzung schon am Papier sehr trocken mache und abschließend mit den Lippen die Spitze nachforme.



Gruß Olli, der Plastinator
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Offline Galactican

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Re:Pinselpflege
« Antwort #9 am: 03. November 2016, 19:57:49 »
Tolles Tut! Habe ich mir abgespeichert. Besten Dank dafür!  :thumbup: :thumbup: :thumbup:

Offline Sheriff

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Re:Pinselpflege
« Antwort #10 am: 03. November 2016, 20:19:07 »
Zitat
Bringt das hängende trocknen wirklich soviel?

Darüber gibt es keine Studien.  :dontknow: Bevor mögliche Restfeuchtigkeit mögliche Restpigmente per Schwerkraft in die Zwinge fließen lässt wird empfohlen Pinsel kopfüber trocknen zu lassen. (Hab ich ehrlich selber noch nie gemacht und wie meine Pinsel nach einem Jahr aussehen seht ihr ja oben.

Gruß, René